Die Eroberung

30.12.06

Die Familie saß am Abendtisch und hatte gerade das Mahl beendet, als die kleine Corinna laut überlegte, was man denn nun noch machen könnte. Sie wollte noch nicht ins Bett und hatte auch keine Lust in die Glotze zu schauen, wie die Eltern es sonst taten. Mit ihren fünf Jahren war Corinna schon ziemlich munter. Sie brabbelte sofort los: „Ich weiß, wir spielen ein neues Spiel. Das heißt: Aufräumen!“ 

Die Eltern waren begeistert. Ihre Tochter wollte von selber aufräumen. Sie willigten ein.

Da erst stellte sich aber heraus, was Corinna im Sinn hatte. Sie lief schnell zur Couch hin und riss alle Kissen und Decken herunter und warf diese zu Boden. Die Eltern fingen sofort an, ihr dies zu verbieten, aber als Corinna die Regeln des Spiels erklärte, überlegten sie, ob sie das Spiel nicht doch weiter spielen wollten. Corinna meinte nämlich: „Wir machen zuerst alles in Unordnung und zwar so, dass dabei nichts kaputt geht. Dann räumen wir nacheinander, jeder ganz schnell auf und wer am schnellsten aufgeräumt hat, der hat gewonnen. Wir müssen natürlich die Zeit stoppen.“ Die Eltern machten mit.

Zuerst rissen sie die Kissen von den anderen Stühlen und warfen sie auf den Boden, dann verstreuten sie die Sachen, die auf dem Tisch standen, über alle Möbel. Zuletzt warfen sie die Tischdecke über den Fernseher, der ausgeschaltet war.

Corinna war zuerst dran. In sehr kurzer Zeit hatte sie die Decken wieder auf der Couch zusammengefaltet. Dann nahm sie die Tischdecke vom Fernseher und glättete sie auf dem Tisch. Das schmutzige Geschirr nahm sie vorsichtig von den Schränken und sie stellte es gar nicht erst auf den Tisch, sondern brachte es sofort in die Küche und lud die "guten Scherben"  in die Spülmaschine. Dann hob sie noch alle Kissen auf und legte sie in die Ecken der Sofas und Couches. Als alles fertig war, klatschte sie in die Hände, was das Zeichen war, die Uhr zu stoppen.

Die Eltern prüften die Sachen und wäre etwas liegengeblieben, oder kaputt gegangen, hätte es eine halbe Minute Abzug gegeben.

Danach mussten sie alle Dinge wieder in Unordnung bringen und der Vater war dran. Er war etwas schneller, aber er vergaß einen Löffel und ein Messer, womit er eine Minute zu der Zeit zugezählt bekam und was Corinna noch gewinnen ließ.

Die Mutter wollte aber nicht als schlechte Hausfrau dastehen und deswegen beeilte sie sich sehr, das unordentliche Zimmer in Ordnung zu bringen. Sie klatschte sogar erst in die Hände, nachdem sie die Schränke mit einem feuchten Tuch abgewischt hatte und war immer noch schneller als Corinna, oder ihr Vater. Sie hatte gewonnen.

 

Darauf sprach der Vater: „So, als Verlierer dieses Spiels darf ich aber das nächste Spiel vorschlagen. Es geht so: Wir erobern das Bett. Wir stellen uns auf die Couch und von dort klettern wir in das Schlafzimmer von Corinna. Wir klettern natürlich nicht richtig, sondern flach auf dem Boden. Wir suchen uns dort jede Möglichkeit, uns wie eine Seilmannschaft weiterzustemmen, bis wir das Bett von Corinna erreicht haben.“ Alle waren einverstanden. So gab man sich von der Couch aus die Hände und lies einen nach dem anderen auf den Boden herab, um sich von dort aus flach am Boden entlang über die Couch zum Tisch zu stemmen. Dann standen alle auf den Tischbeinen und nahmen den Vorsprung am Schrank in Angriff. Der Vater voran, kletterte sofort in den Türrahmen, wo er sich verkeilte und alle über sich hinweg krabbeln lies. Von dort war es nur noch ein kleiner Sprung über einen Graben zwischen der Türe und Corinnas Bett, den sie alle rollend schafften. Dann saßen sie auf Corinnas Bett und ließen die Beine in die Tiefe hängen. 

Sie hatten den Gipfel erreicht und genossen einen Moment die Aussicht.

 

Da fiel der Mutter ein, dass nun Schlafengehenszeit war und sie schickte Corinna noch schnell ins Badezimmer, um sich die Zähne zu putzen.  Frisch und vergnügt  konnte Corinna beruhigt einschlafen.

 

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endschatten

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