Die Spur des Rens

25.12.14

Saschandra und der Elch erreichten die Hütte der Hexenfamilie. 

Der Elch folgte ihr brav, auch als Saschandra ihm den Stall zeigte und ihm dann das Heu anbot, welches die Hexen im Sommer für die Kuh geerntet hatten. Sie schloss den Elch in dem Stall ein und rieb sich die Hände. „Das hat ja super geklappt!“

Sie wusste nicht, dass der Elch, der inzwischen auf dem leckeren Heu herumkaute, genau dies gewollt hatte.  Er hatte nicht vor gehabt, weiter im Zauberwald zu bleiben, sondern wollte ausbüchsen. Die herannahende Weihnachtszeit und der Gedanke an das viele, lange und schnelle Laufen, der Stress und die ganzen schweren Geschenke auf dem Schlitten, all das wollte er nicht mehr mitmachen. Deswegen hoffte er, die Hexe würde ihn verstecken und genau so war es nun geschehen. Er war sehr zufrieden und grinste Kuh und Esel an.

Im Haus klapperten Veranda und Britannia mit dem Geschirr. Sie warteten schon auf die Waldfrüchte, die Saschandra mitbringen würde. Es sollte eine italienische Pizza mit Pilzen geben. Saschandra wusste, dass die beiden Schwestern sich aufregen würden, wenn sie ihr erzählte, wer da im Stall war. Deswegen ließ sie es auch bleiben und bereitete still die Pilze zu. Sie aßen und Saschandra legte sich nach dem Essen in die Hängematte, wie sie es immer machte und schlief ein.

Veranda fegte draußen noch etwas, als es Abend wurde und Britannia (sie wurde auch manchmal Britannie, oder Britney gerufen, war von Geburt Britin, spielte gerne Bridge und mochte Brücken), ging in den Stall, um Milch zu besorgen. Ein spitzer Schrei gellte durch den Abendhimmel und die Vögel flatterten aus ihren Bäumen auf, um wild schreiend umherzufliegen, als Brittania den Elch entdeckte. Sie ließ den Milcheimer scheppernd fallen und rannte zurück in die Hütte.

Saschandra war aus der Hängematte gefallen und erhob sich gerade. Sie klopfte ihren Rock ab und als Brittney sagte: „In the Stall is ein Elch!“ meinte Saschandra bloß: „Ich weiß, den hab` ich mitgebracht. Wir können ihn zu Weihnachten essen, jetzt ist es noch zu früh!“

Veranda empörte sich: „Du hättest uns Bescheid sagen müssen. Sieh nur wie erschrocken Britannia ist!", aber dann dachte sie, dass sich Brittney und Saschandra einen Scherz mit ihr erlaubt hatten und eilte hinaus in den Stall. Was sie erblickte, lies sie augenblicklich zu Eis erstarren und rücklings umfallen. Der Elch unterhielt sich mit dem Esel und der Kuh und beide hatten eine bunte Schleife um den Hals, die aus Weihnachtsgeschenkband war. Als sie wieder erwachte beugten sich ihre zwei Schwestern über sie und sie schaute in ihre Hexengesichter, dann sah sie, wie sich zwischen den beiden Gesichtern ein Elchkopf hindurchzwängte und ihr mit den warmen Augen tief ins Herz blickte. Sie schmolz aus der Klammer ihrer eisigen Erstarrung heraus.

Etwas nass war Veranda, als Saschandra und Britannia ihr wieder auf die Beine geholfen hatten. Veranda sagte: „Lüg`uns nicht an, es ist ein Ren!“

Veranda wusste um die Zauberkräfte der Schlittentiere des Weihnachtsmannes und auch Britanny hatte davon gehört. Saschandra senkte betreten den Kopf. Sie streichelten das Renntier gemeinsam und gingen dann wieder zurück ins Haus, zu einer Besprechung der Situation.

„Wie kannst du es wagen, ein Ränntier auf unsere Hof zu bringen?“ fragte Britney erregt und sie vergas beinahe, ihren britischen Akzent zu betonen. Saschandra verteidigte sich: „Es wäre doch ein ideales Zugtier für unseren Pflug und auch die Pumpe am Brunnen könnte es drehen, wenn wir es einspannen. Renntiere sollen auch ganz gut sein, wenn man sie vor eine Kutsche spannt. Wir wären im nu in der Stadt und könnten Einkäufe erledigen. Und wenn nichts anderes übrig bleibt, könnten wir es zu Weihnachten braten. Es scheint einen guten Braten abzugeben!“. Die Hexe sah aus dem Fenster in Richtung des Stalls.

Es gab noch das eine oder andere Widerwort, aber Saschandra beharrte darauf, den Elch gefunden zu haben und damit machen zu können, was sie wolle.

Sie gingen zu Bett.

In der Nacht, als Saschandra schlief, stand Britannia leise auf und stieß Veranda an. Sie schlichen hinaus in den Stall. Eigentlich wollten sie das Renntier frei lassen, denn sie waren überzeugt davon, dass ihre Schwester den Elch fressen wollte, aber als sie in den Schein traten, der das Elchgeweih umgab, zögerten sie. Sie berieten sich und beschlossen, das Renntier in ein Pferd zu verwandeln, damit Saschandra es nicht mehr finden könne. Das Pferd wurde draußen angebunden und über die Schlafende verhängten sie einen Zauberspruch des Vergessens und Verdrängens in der Hoffnung, sie würde dann von ihrem Vorhaben ablassen.

Schon am nächsten Morgen, als Saschandra aufstand, um die Szene zu putzen, wusse sie nichts mehr von dem Elch. Sie hatte ein wenig Kopfschmerzen, war aber der Meinung, die Familie habe schon immer ein Pferd besessen und freute sich, mit dem Wagen zur Gaststube am Waldrand und danach zum Einkaufen zu fahren. 

Die nächsten Wochen verbrachten die Hexen mit der Ernte der Kürbisse und Zuckerrüben. Sie lernten das Reiten und waren vergnügt. 

Veranda und Britannia hatten das Geheimnis bewahren können und es sah so aus, als wenn alles ein gutes Ende nehmen würde.

 

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endschatten

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