Bewerbungen: Früher und Heute 

26.06.12

Mein Großvater hatte mir einmal erzählt, wie das früher gewesen ist, wenn man sich beworben hat: 

Man sendete eine ordentliche Bewerbung mit der Post ab. Wenn man in dem Kreis der Bewerber war, die für die Stelle in Frage kamen, wurde man zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Wenn nicht, bekam man eine freundliche Absage und man erhielt seine Bewerbermappe zurück. Über die eingegangene Bewerbung wurde im Unternehmen nicht Buch geführt und die Informationen über den Bewerber blieben somit von sich aus unberührt.

Wurde man früher zu einer Bewerbung eingeladen, was es selbstredend, dass das Unternehmen die Kosten der Anfahrt übernahm. Man wurde in besseren Positionen schon mal zum Essen eingeladen und konnte eine Nacht in dem Ort bleiben, in dem man zukünftig arbeiten sollte.

Bei Vertragsabschluß erhielt man sein Gehalt von der Firma, bei der man zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden war und diese Entlohnung für die zu verrichtende Arbeit umfasste tatsächlich die Arbeitsleistung für eine Arbeitsstelle in dem Unternehmen in dem man beschäftigt war. 

Man erhielt vom Unternehmen, nach Art des Betriebes, gute Absicherungen und Sozialleistungen und der Saat durfte sich dafür Sozialstaat nennen, was ein positives Zeichen für alle Bürger war, die in ihm lebten. Die Betriebe mit den besseren sozialen Leistungen, waren gefragter und konnten sich die Mitarbeiter aussuchen.

 

Heute sendet man via E-mail seinen Lebenslauf, erhält nicht einmal einen Eingangsvermerk, weiß aber dass die Informationen, die man darin weitergibt grundsätzlich gespeichert werden (weswegen es Unsinn ist, einen besseren Datenschutz zu fordern. Richtiger weil dem Internet und den neuen Medien zugeneigt, ist es, mehr selbstverantwortlich über sich auf einer eigenen Homepage preis zu geben, damit die Informationen, die man heraus gibt breit gestreut und trotzdem übersichtlich bleiben und von einem selber zu verändern sind). 

Dann wird vom Vermittler meist gefragt, ob die vermittelnde Stelle die Informationen weiter geben darf, selbstverständlich ohne den Namen bekannt zu geben, was an sich schon Quatsch ist. Denn wenn ich mein Profil weitergebe, dann möchte ich schließlich auch, dass mein Name damit verbunden ist. Leider kann man sich den Vermittlern heute nicht mehr verweigern, wenn man einen Job sucht. 

Der Bewerber ist nun nicht mehr Herr seiner Bewerbung. Sie geht an verschiedene Unternehmen und der Vermittler ist Entscheidungsträger darüber, wann  und an wen die Bewerbung gerichtet ist. Kommt es tatsächlich zu einem Bewerbungsgespräch wird der Bewerber abgefertigt, wie eine Kuh die zum melken geführt wird. Die Kosten dafür soll der Bewerber natürlich selber tragen. Das geht auch dann, wenn der Bewerber mittellos ist, da die Vermittler darauf beharren, dass diese Kosten vom Arbeitsamt wiedererstattet werden können und sie damit die finanzielle Verantwortung der Einladung zu einem Gespräch an den Staat abschieben.

Kommt es zum Vertragsabschluß, wird der Vertrag nicht mit dem Unternehmen geschlossen bei dem man das Gespräch geführt hatte und auch später arbeiten soll, sondern mit dem Vermittler, der mit den Bewerberunterlagen dealt. Der erhält dann monatlich einen Anteil von dem ausgezahlten Betrag, den das Unternehmen für diesen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt, bei dem der Angeworbene arbeitet.

Die Vermittler schneiden sich auf allen Seiten die fettesten Brocken heraus. Sie verdienen an den Förderungen durch den Staat,  lassen sich von Unternehmen bezahlen und kassieren bei den Bewerbern. Vermutlich sind sie an den Unternehmen beteiligt die sie betreuen , oder selber ein Ableger des Unternehmens, bei dem der Arbeitnehmer eingesetzt werden soll. 

Trotzdem, so ist der politische Tenor, sei es besser, die Arbeitsuchenden der Arbeit hinterher laufen zu lassen und ihnen die Kosten dafür aufzubürden und hinterher, jedoch nur auf Antrag, den man vorher je Vorstellungsgespräch gestellt und nachgewiesen haben muss, bis zu einer gewissen Grenze zu erstatten. Den Rest muss der Bewerber selber aufbringen, gleich in welcher finanziellen Lage er sich befindet.

Dies sind Kosten die eingespart werden könnten, wenn der Vermittler verpflichtet wäre, die Anreise zu Bewerbungsgesprächen zu übernehmen. Viele überflüssige Bewerbungsgespräche könnten wegfallen und dem Umwelt- und Ressourcenschutz wäre durch die nicht vergeudeten Energien und ausbleibenden Abgase ein weiterer Pluspunkt hinzuzufügen.

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Steffen Kaphahn