Spinnräder 

26.12.13

Räder zum Lenken von Fahrzeugen, meist Autos, nennt man Lenkräder.

Früher hatten Kinder viel Spaß daran, sich wie ein Kapitän am Steuer zu fühlen, wenn sie irgendwo ein Wagenrad gefunden hatten, welches das große Steuerruder symbolisierte.

Die Zeiten änderten sich und aus den Rudern für Segelschiffe wurden Lenkräder von Kraftfahrzeugen. 

Die Kinder entdeckten die Spinnräder für sich, welche mit der Nähmaschine und maschinell gesponnenem Garn unnütz geworden, in der Ecke standen. Hatten diese Spinnräder doch eine verteufelte Ähnlichkeit mit dem Lenkrad des Autos der Väter. Sogar ein Gaspedal war vorgegeben und man konnte das, sich drehende Lenkrad, damit beschleunigen.

Ich selbst habe in meiner Kindheit noch einige Stunden vor einem Spinnrad damit verbracht, mit einem lauten Brummgeräusch, welches durch die feuchten Lippen blubberte, das Lenkrad mal nach rechts, mal nach links zu drehen und dann auf die Bremse zu treten und versuchte die Kräfte, welche mein plötzliches Vorgehen auf das Spinnrad ausübte, im Zaum zu halten.

"Immer kurz vor einem Unfall!" sozusagen.

Das Spinnrad war nach dem abmontierten Wagenrad einer Kutsche die zweite simulationsfähige Einheit zum spielenden Erlernen des Fahrgefühls.

Mit den technischen Funktionen die ein Spinnrad zu bieten hatte, war schon einiges zu machen.

 

Heutzutage geht man in ein Kaufhaus für Elektroartikel und findet eine Vielzahl an Lenkrädern, welche einen ähnlichen Zweck erfüllen.

Hochmoderne Lenksysteme vervollständigen das Gefühl, tatsächlich in einem Wagen zu sitzen, der mit hoher Geschwindigkeit durch den Raum rast. 

Statt Maus und Tastatur wird dieses Lenkrad zum spielerischen Umgang mit dem Computer genutzt. Der Lerneffekt ist auch hier gegeben.

Auf der Strecke bleibt aber die Abstraktion, mit der sich Kinder früher in die Spielwelt begaben. Mussten sie vor dem Spinnrad noch die Geräusche des Motors und der quietschenden Reifen, bei einem starken Bremsvorgang, selber erzeugen, wird dies heute von dem Soundsystem des Computerspiels zeitgleich erzeugt. 

Die Bildsysteme sind inzwischen so perfekt, dass es sich hervorragend in die Kurven legen lässt, obwohl man die Schwerkraft der Kurvenlage nicht spürt.

Der spielende Mensch ist heute eingebunden in eine Simulation. Diese simulierte Welt musste man sich vor dem Spinnrad selber denken. 

Aber welchen Unterschied macht dies aus? Wird das Gehirn mehr angestrengt, oder weniger?

Wahrscheinlich sind es Unterschiede, welche sich in unseren Träumen niederschlagen. Hatten die Kinder früher von der Reise geträumt, erleben die Kinder heute mehr eine Rekordjagd. Ein Rennen nach Punkten, oder nach besserem Können an dem Gerät.

Hatte man sich früher mit anderen Kindern getroffen, um das Spinnrad einzubinden in ein Spiel, bei dem es darum ging eine Zeitlang vor dem Rad zu stehen und zu einer anderen Welt zu fahren, um dort weiterzuspielen und dann wieder zurück, ist es heute nicht mehr so wichtig das Ziel, ein entferntes Land zu erreichen, sondern es ist spannender, enge Kurven mit hoher Geschwindigkeit zu durchfahren und dabei dem Gegner noch den Weg abzuschneiden.

Geht die Funktion des elektronischen High Tech Spielgerätes verloren, weil ein Bauteil kaputt gegangen ist, wird heute nicht mehr das Lenkrad an sich als Spielgerät genutzt, um sich eine Geschichte auszudenken, bei der man ein Auto irgendwo hin fahren muss, sondern es wird gleich in den Müll geworfen.

 

Manchmal möchte man da einem solchen simulationstrainierten Hirn schon empfehlen, sich wieder vor ein Spinnrad zu setzen, denn erst darin erfährt man eigentlich die Gabe, sich in eine unvollkommene Spiellandschaft hineinzuversetzen. 

Sich etwas vorzustellen heißt auch, sich mit den möglichen auftretenden Ereignissen auseinander zu setzen und sie in das Spiel mit einzubauen, nicht nur auf Ereignisse zu reagieren, welche der Computer vorgibt.

Aber die heutigen Spiele haben Puppen und Spielewelten, bei denen es darauf ankommt, sich Geschichten auszudenken, meist aufgegeben. 

Playmobil und Lego sind neben Barbie noch übrig geblieben. Aber auch sie sind inzwischen nicht mehr so beliebt, wie die berauschenden Erlebniswelten am Bildschirm, wenn sogar das Lenkrad dabei ist. 

 

Zu Weihnachten im Jahre 2013 wird es wohl unter vielen Christbäumen das neueste Lenksystem geben und es ist auch nicht wirklich schlecht, denn was zählt ist doch der Spaß, den man beim Spielen empfindet, nicht die tiefere Ergründung, dessen, was man lernt. 

Das bekommt man doch in der Schule geliefert!

 

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Autor: Noricum Record

Quelle Copyright Tauka® 2010