Der Brand

17.11.13

Tropos Kückelchen kam aufgeregt in mein Redaktionszimmer gelaufen. Er schrie fast, während er mir aufgeregt erzählte, welche Erinnerungen ihm in der vergangenen Nacht gekommen seien und die er sich nicht erklären könne.

Er sei von Steffi Sterns Eltern verhört worden, stotterte er und er habe lange Zeit die Erinnerung daran verloren. Erst jetzt seien ihm einige Zusammenhänge klar geworden.

Ich nahm mein Aufzeichnungsgerät, hörte mir seine Geschichte an und Tropos erzählte:

„Die Fabrik des Vaters einer Klassenkameradin war eine Spinnerei. Die Geschäfte liefen schon seit geraumer Zeit nicht mehr so gut. Die Spinnerei war in Deutschland zu teuer geworden.  

Dennoch war es eine gut geführte Fabrik mit angrenzendem Wohnhaus und großem freiem Gelände rings um das Anwesen. Der Grundriss der Gebäude war wie ein L gelegt, wobei die untere Linie des L das Wohnhaus darstellte und die lange senkrechte Linie das Gebäude, in welchem die Fabrik untergebracht war. Am vorderen Ende der langen Senkrechten waren die Büros und zum Wohnhaus hin waren die Maschinen mit den Wollfäden und Garnen.

Eines Tages aber, brannte die Fabrik lichterloh. Ein großes Feuer richtete starken Sachschaden an, das Wohnhaus blieb verschont. Es handelte sich um Brandstiftung.

In der Folge der Ermittlungen wurden auch meine Eltern befragt, ob ihre Kinder, die oft in der Umgebung der Fabrik spielten, an dem betreffenden Abend dort gewesen seien. Sie verneinten. Da sich auch keine weiteren Anhaltspunkte ergaben und der Täter nicht ermittelt werden konnte, wurden die Ermittlungen eingestellt.

Als die Polizei weg war, befragte meine Mutter ihre beiden Söhne, also mich und Arka, ob wir etwas damit zu tun haben. Sie hatte bei der Polizei eine falsche Aussage gemacht, denn sie war sich nicht sicher, ob wir etwas mit dem Brand zu schaffen hatten und in der Nähe gewesen waren.

Das sie sofort gelogen hatte, als die Polizei vor der Türe stand, kam daher, weil in den vergangenen Wochen und Monaten schon mehrere Male die Polizei vor der Türe stand. Einmal ging es um eine Fahrerflucht, bei der mein Vater betrunken im Wagen saß und bei der Heimfahrt aus dem Reiterstübchen einen Zaun streifte. Er nahm dies aber gar nicht wahr und fuhr den Wagen nach Hause, wo er ihn in der Garage abstellte und sich schlafen legte. Bei der Kollision mit dem Gartenzaun war der Zaun so stark beschädigt worden, dass er erneuert werden musste. Zudem hatte er dabei das Nummernschild verloren, so dass es für die Polizei ein Leichtes war, den Halter zu ermitteln.

Mein Vater bat nun meine Mutter, am nächsten Tag, als die Polizei den Halter aufsuchte, zu erklären, dass meine Mutter gefahren sei, damit mein Vater einer Blutprobe entgehen würde, da er vermutete, immer noch unter Alkohol zu stehen.

Die Polizisten stellten keinen Alkohol bei meiner Mutter fest und die erklärte, dass sie gefahren sei. Als aber die Polizisten fragten, wo sie denn gewesen sei, kam sie ins Stottern und verhaspelte sich. Die Polizisten ließen sich von ihr den Wagen zeigen und sie wusste nicht einmal, wo genau der Schaden am Fahrzeug angerichtet worden war, oder wie er entstanden sein konnte.

Als die Polizei nachforschte, ermittelten sie, dass nicht meine Mutter gefahren sein musste, sondern mein Vater, da er alleine das Lokal verlassen hatte, in welchem er so viel Alkohol getrunken hatte. Sie kamen nach ein paar Tagen wieder und befragten meine Eltern erneut, wobei mein Vater nun die Aussage änderte und wahrheitsgemäße Angaben machte.

Bei Gericht erklärte mein Vater dann reumütig die Angelegenheit, konnte aber nicht wegen der Fahrt unter zu starkem Alkoholgenuss belangt werden, sondern wurde wegen der Fahrerflucht verurteilt.

Meine Mutter war verunsichert, weil mein Vater ihr Vorhaltungen gemacht hatte, dass sie sich so dumm angestellt habe und vor der Polizei herumgestottert habe, so das diese aufmerksam geworden seien. Mein Mutter wollte nun zu ihrem Mann und ihren Kindern halten und stellte sich vor der Polizei zunächst einmal dumm, als man sie zu dem Brand befragte. Sie tat dies auch gekonnt und so, dass man ihr die Lüge nicht nachweisen konnte.

Selbstverständlich blieb der Brand der Familie Stern nicht verborgen. Man war neugierig geworden und rätselte, geradezu erpicht darauf, zu erfahren, wer der Brandstifter sein konnte. Das sie meine Eltern kannten und auch wir Kinder ihnen nicht fremd waren, ließ sie auf die Idee kommen uns einzuladen und sie beschlossen uns zu befragen. Es kam zu Einzelgesprächen mit mir und meinem Bruder und zu Befragungen, in denen meine Eltern eingeweiht waren, über die Hintergründe des Verhörs.

Ich wurde in eine Art Trancezustand versetzt, indem man mich mit einer Lampe blendete, wie es ein Arzt macht, wenn er seinen Patienten in die Augen leuchtet. Dazu wurde beruhigend auf mich eingesprochen und ich sollte meine Augen schließen. Darauf sollte ich in Gedanken zurückreisen an den Ort und den Tag, wo der Brand ausgebrochen sei. Ich wurde aufgefordert, zu erzählen was ich darüber weiß.

Ich sagte, dass ich nicht schuld daran sei, dass es gebrannt habe, ich nicht wüsste, wer das gewesen sei und es vielleicht mein Bruder gewesen sein könnte. Darauf wurde man aufmerksam und befragte mich erneut und eingehender.

Es kam zunächst heraus, dass ich an einem Tag den Bagger meines Bruders zerstört hatte. Den Bagger hatte ich in der Nähe der Firma liegen lassen, die abgebrannt war. Deswegen sprach ich davon, es könne mein Bruder gewesen sein, der aus Ärger darüber den Brand gelegt hatte.

Ich wurde nochmals befragt und man begann ein Konstrukt darauf aufzubauen. Ich wurde gefragt, ob ich, nachdem ich den Bagger zerstört hatte, noch zu der Firma hingegangen sei. Ich überlegte und sagte zunächst nein, dann aber doch, dass es sein könne. Ich sollte nun in Gedanken zu der Firma hingehen und erzählen was ich dort gemacht habe. Ich stellte die Gegenfrage in welcher ich meinte, was ich denn nun dort machen soll.

Man sagte mir, dass sie mir das nicht sagen können und ich einfach erklären solle, was nun passiert. Ich sprach: „Also gut dann gehe ich eben hin und schaue durch das Fenster!“

Ich sollte genauer beschreiben, was ich sehe und ich beschrieb die Fenster und das Holzgebäude der Firma.

Man wies mich nun an in die Fenster hinein zu schauen, aber ich sagte, dass dies nicht ginge, da die Fenster zu hoch angelegt seien. Darauf befragte man mich, ob es das Fenster denn offen sei. Ich verneinte erst und sagte, dann aber doch, es sei nun offen.

Man fragte mich, was ich sehen würde und ich antwortete, dass dort eine Gardine vor dem Fenster hängen würde. Ich wurde gefragt, was hinter der Gardine sei und ich erklärte, dass ich einen Schreibtisch und einen Papierkorb sehen würde. Darauf meinte man, dass ich also doch in das Fenster hineinschauen könne und gesehen haben müsste, wie es in dem Büro aussieht, aber ich hatte mir die Räumlichkeiten aus dem Büro meiner Eltern vorgestellt und diese dazu beschrieben.

Man fragte mich nun, ob es nicht doch eine Möglichkeit gäbe, in das Fenster hinein zu schauen, vielleicht eine Leiter, oder so etwas. Belustigt erwiderte ich: „Doch klar, eine Leiter wäre gut!“ Man meinte, dass es nicht unbedingt eine Leiter sein müsse. Ich solle mich nochmals umschauen und benennen, ob ich dort etwas finden würde, mit dem man in das Fenster hineinschauen könne. Ich sah mich um und erklärte dass dort in der Ecke, wo das Regenwasserrohr vom Dach herunter lief, eine Tonne mit Wasser stünde. Ich wurde gefragt, ob sie voll sei und ich bejahte. Darauf sagte man, dass die zu schwer sei. Ich wurde gefragt, ob es möglich sei, dass ich die Holzstäbe holen kann, mit denen der Bauer die Pflaumen vom Baum schüttele, um das Fenster aufzustoßen. Diese lagen bei den Bäumen, an denen ich den Bagger abgestellt und zerstört hatte und wo ich öfter auf die Bäume raufgeklettert war, um reife Pflaumen aus dem Baum zu pflücken. Ich antwortete jetzt in dem Trancezustand der Hypnose  meinerseits, dass die Holzstäbe zu schwer zu tragen seien, also überlegte ich nun intensiv, wie man in das Fenster hineinschauen könne.

Mir viel ein Holzstamm ein, auf dem man Holz mit der Axt zerteilte und ich meinte, dass dieser dort in einer Ecke stünde und ich den vielleicht verwenden kann. Das wurde begrüßt und ich wurde über den Kopf gestreichelt.

Mir wurde gesagt, dass ich beschreiben solle, wo ich stehe. Ich sagte, dass ich vor dem Fenster stünde. Ich wurde gefragt, ob es offen, oder verschlossen sei. Ich antwortete, dass es angelehnt sei. Mir wurde gesagt, dass ich es nun öffnen solle. Ich öffnete es und sah hinein. Ich solle nun überlegen, was ich in den Taschen bei mir habe. Ich überlegte und brachte  ein Taschenmesser hervor und Steine, Kieselsteine. Ich wurde gefragt, was ich noch dabei haben könnte. Ich überlegte und nannte verschiedene Spielzeuge. Geduldig wartete man, bis ich auch sagte dass ich Streichhölzer in der Tasche gefunden habe.

Nun wurde ich gefragt, was ich mit den Streichhölzern anfangen könne und ich sagte: „Feuer machen!“ Die Befrager sagten: „Na, prima! Dann überleg doch mal, was du anzünden könntest?“ Ich sah mich wieder auf dem Holzstamm vor dem offenen Fenster stehen und die Gardine sich sanft im Wind bewegen. Ich brauchte nicht lange zu überlegen und antwortete: „Die Gardine!“

Darauf wurde in die Hände geklatscht und gesagt: „Na also. Genau so war es! Und was hast du dann gemacht?“ Ich erzählte, dass ich dann weggelaufen sei. Nachdem ich gefragt wurde, wohin ich gelaufen sei und ich die ganze Sache für ein Spiel hielt, erklärte ich, dass ich zunächst zur alten Scheune gelaufen sei und diese dann auch an einer Ecke angezündet habe, aber da dies nicht funktioniert habe und die Scheune nicht brannte, sei ich nach Hause gelaufen und habe mich hingelegt.

Ich wurde aus der Hypnose aufgeweckt und mir wurde ein Glas Cola gegeben.

 

Dann wurde meine Mutter hereingeholt und ihr wurde schonend beigebracht, dass ich gerade in Hypnose erklärt habe,  ich habe den Brand gelegt. Meine Mutter war entsetzt. Sie fing an zu heulen und fragte, was denn nun geschehen solle. Man antwortete, dass man nicht die Polizei sei und dass man die Sache auch nicht an die große Glocke hängen wolle. Deswegen solle sie mit mir ruhig darüber sprechen und darauf achten, dass dies nicht wieder vor kommen würde.

Ich wurde noch häufiger von den Sterns zu diesem Vorfall befragt aber die Geschichte änderte sich nur in wenigen Details."

 

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Dreckberg

Autor:

Burgunder Train Quelle Copyright Tauka® 2005